Im Norden von Botswana gibt es einige der schönsten Wildparks Afrikas. Auf Grund der Regenzeit, die nun mit einem allabendlichen Gewitter Einzug gehalten hatte, und uns sogar einmal in der Nacht im Bett zum Stehen brachte, weil nicht weit von unserem Campingplatz der Blitz eingeschlagen war, sind Tierbeobachtung schwerer. Nun können sie überall Wasser finden, so dass sie sich grossräumig verteilen oder sogar nach Norden wandern, da die Parks keine Zäune umgeben. Von vielen hatten wir daher gehört, dass wir gar nicht erst hineinfahren bräuchten, die Parks sind leer. Irgendwie konnten wir das nicht ganz glauben, und auch drei Jungs aus Schweden berichteten uns das Gegenteil. Also buchten wir drei Nächte im Moremi Wildlife Reserve mit der Option zu verlängern.
Erholt machten wir uns auf den Weg. Wir kreuzten einige Elefantenherden und hatten sogar Glück in einem Tümpel drei Nilpferde mit einem Jungen vorzufinden. Einer nahm die Annäherungsversuche von Markus genauer unter die Lupe, schwamm auf ihn zu und liess ihn nicht mehr aus den Augen. Ausserdem stiessen wir auf unser erstes Afrikanisches Krokodil, welches sich in einem auf Grund des vielen Regens auf dem Weg gebildeten Pools, niedergelassen hat. Campiert wurde mitten im Park ohne Zaun zwischen uns und der Natur. Wir waren gespannt, wen wir wohl in den nächsten Tagen zu Besuch haben würden.
Bereits in der ersten Nacht wurde Sonja von einem Gebrüll geweckt. Was war denn das? Markus kanns nicht gewesen sein, er schlief den Schlaf der Gerechten. Sie lauschte. Irgendetwas schien neben unserem Campingplatz zu grasen. Ihr Kopf ratterte. Sollte sie mit der Taschenlampe nach draussen zünden? Elefanten haben das gar nicht gern. Egal, denn sie wollte unbedingt wissen, mit wem sie sich in dieser Nacht ihr Plätzchen teilten. Schnell war der Schreihals ausfindig gemacht. Ein Nilpferd genoss das saftige Gras auf der Wiese neben uns. Auch den Rest der Nacht hörte man das Schmatzen und Grunzen der Tiere.
Als der Wecker am nächsten Morgen schellte, war es noch dunkel. Aber das waren wir in der Zwischenzeit ja schon gewohnt. Bevor Markus die Kaffemaschine in Gang setzte, liess er den Lichtkegel der Taschenlampe einmal in der Umgebung hin und her schweifen. Dabei erwischter er zwei gelbe Augenpaare. Leider verschwanden sie zu schnell im nächsten Gebüsch, so dass wir nie feststellen werden, ob es Löwen oder sogar Leoparden waren.
Noch bevor die Sonne den Horizont passiert hatte, rumpelten wir über die Sandwege durch den Park. Immer wieder tauchten Antilopen auf, Katzen blieben aber aus. Dafür sahen wir in der Ferne eine kleine Herde Elefanten. Wir hatten Glück und der Weg auf dem wir uns befanden, führte direkt an ihnen vorbei. So standen wir ein paar Minuten später 50 m von der Kuh mit ihren vier kleinen Begleitern entfernt. Nun machten wir unseren grössten Fehler: Wir stiegen aus dem Wagen. Markus kletterte aufs Dach, während sich Sonja auf die Motorhaube stellte. Oft hatten wir gelesen, wie man sich bei Begegnungen mit diesen riesigen Dickhäutern verhalten soll. Aber in diesem Moment waren alle Warnungen vergessen. Wir genossen eine exzellente Aussicht auf die Elefanten, die langsam aber sicher Schritt für Schritt auf uns zu kamen. Während wir noch darüber diskutierten, den Wagen etwas anders zu positionieren, um auch das richtige Licht zu haben, stand sie auf einmal vor uns. Wir rührten uns keinen Millimeter. Sonjas Herzschlag versuchte sich wie wild Gehör zu verschaffen. Was sollten wir nun tun? Sekunden wurden zu Minuten. Zum Glück schien sie das Interesse zu verlieren, und legte wieder den Rückwärtsgang ein. Jetzt hiess es: Bloss weg hier. Sonja sprang so unauffällig wie möglich von der Motorhaube und kletterte auf den Fahrersitz, als die Kuh auf einmal ein lautes Töröööööö von sich gab, die Stosszähne hob und schnellen Schrittes auf uns zu kam. Zum Glück schien sie der Mut einige Meter vor uns zu verlassen. Sonja stellte den Motor an und folgte Markus Anweisungen, die immer noch vom Dach kamen. Langsam tuckerten wir voran. Das war ihr dann allerdings doch wohl alles zu viel. Ein zweites Mal ertönte ihr lautes Törööö. Die Stosszähne in die Höhe gestreckt, sah Sonja sie im Rückspiegel direkt hinter uns auf den Weg rennen. Mit der Hoffnung Markus würde irgendetwas finden an dem er sich gut festhalten konnte, gab sie Vollgas. Wir rumpelten über die schlechte Piste, bis Sonja ein lautes Stopp eine Etage höher vernahm. Wir hatten die Elefantendame abgehängt und waren noch einmal davon gekommen. Allerdings sollte das nicht der letzte Adrenalinschub für diesen Tag gewesen sein.
Zurück auf unserem Camping, während unseres verspäteten Frühstücks, vernahmen wir ein erneutes Töröööööö. Diesmal kam es von einer rd. 12 köpfigen Elefantenherde, die unser Plätzchen in einiger Entfernung passierte. Naja, das ist definitiv weit genug weg, also liessen wir uns nicht irritieren. Sonja verschwand im Nisto, um ein kleines Nickerchen zu halten, und Markus machte es sich mit seinem Buch draussen bequem. Allerdings verging keine halbe Stunde, als die ersten Elefanten hinter einem Busch in der Nähe von unserem Camping auftauchten. Jedoch schienen es ihnen die grünen Blätter der Bäume direkt neben Nisto mehr anzutun. So steuerte einer nach dem anderen auf uns zu. In der Zwischenzeit hatte sich auch Markus in den Nisto verkrochen. Der Sicherheitsabstand von 20 – 30 m, den Ranger empfehlen, war deutlich unterschritten. Aber was soll man auch tun, wenn niemand auf die Idee gekommen ist, das den Dickhäutern zu erzählen. Obwohl wir alles andere als ruhig waren, versuchten wir dieses Spektakel in vollen Zügen zu geniessen. Denn wer kann schon mal einem Elefanten direkt in die Augen schauen. Nach 20 Minuten wanderte die Herde weiter. Da den Dickhäutern campieren anscheinend auch zusagte, trafen wir sie noch einmal auf dem Weg zur Toilette und direkt hinter dem Mülldepot, wo wir uns spontan entschieden: So voll ist unsere Mülltüte ja doch noch gar nicht.
Am nächsten Morgen nahmen wir Abschied von diesem herrlichen Plätzchen und machten uns auf den Weg gen Osten. Da die Brücke auf der Verbindungsstrasse immer noch nicht repariert war, mussten wir über das Hauptgate fahren. Was uns drei zusätzliche Stunden kostete, aber auch mit einmaligen Tierbegegnungen belohnt wurde. Wir fuhren Mal wieder durch eine riesige Impala-Herde, die jedoch sehr angespannt wirkte. Auch ihr Drohgrunzen liess sie immer wieder hören. Bereits in der nächsten Kurve fanden wir den Grund: Ein wunderschönes Löwenmännchen, verbreitete Angst und Schrecken. Stolz schritt er an uns vorbei, wir natürlich hinterher. Neben einem kleinen Busch nicht weit von der Strasse liess er sich wieder nieder. Wir standen fünf Meter von ihm entfernt, als er plötzlich anfing tief und keuchend zu brüllen. Zunächst nur leise, dann aber immer lauter. Es ging einem durch Mag und Bein. Das Echo schallte über die ganze Ebene. Nach einer dreiviertel Stunde verabschiedeten wir uns von diesem Prachtexemplar, allerdings nur um einige Minuten später wieder zurück zukehren. Ein anderes Auto überholte uns und meinte, ob wir die vier Löwen gesehen hätten. Hääääää, vier, wir haben nur einen gesehen. Nein, nein, da sind noch drei dazugekommen. Will der uns jetzt veräppeln oder was. Also, noch mal zurück. Und tatsächlich drei weitere stolze Löwenmännchen hatten sich dazugesellt und planten wahrscheinlich nun ihre grosse Junggesellenparty.
Als wir gemütlich weitertuckerten schoss auf einmal ein junges Impala an uns vorbei. Ui, das hats aber eilig. Kaum hatten wir diesen Satz ausgesprochen, folgte einer der vom Aussterben bedrohten Afrikanischen Wilddogs und noch einer und noch einer …. . Natürlich machten auch wir kehrt. Im Gebüsch hörten wir es quieken und knurren. Wir waren Augenzeugen eines Risses geworden, zumindest der Jagt. Ganz im Gegenteil zu den Löwen, wurde hier an der Beute gezogen und gezerrt. Acht Köpfe hatten sich in ihr Opfer verbissen und versuchten sich nun das grösste Stück herauszureissen. Nicht jeder im Nisto fand das Verhältnis acht gegen einen gerecht. Aber das ist halt die Natur.
Die östliche Seite des Wildlife Reserves war deutlich leerer. Zwar trafen wir auf diverse Antilopen und Elefanten, aber es war kein Vergleich mit der Westseite. Ausserdem war die Hälfte der Wege auf Grund Matsch und Wasser nicht befahrbar. So verzichteten wir auf eine Verlängerung und machten uns am nächsten Tag wieder auf den Weg nach Maun, wo wir dies und das organisierten, bevor es am nächsten Tag hies: Ab zu den letzten Nashörnern Botswanas.
Im Khama Rhino Sanctuary sichert ein 4.300 ha grosses Schutzreservat das Überleben dieser bedrohten Tiere. Im Jahr 1992 ergab eine landesweite Zählung lediglich einen Bestand von neun. Daraufhin wurde durch eine Privatinitiative der Kahma Rhino Sanctuary Trust ins Leben gerufen. Heute leben 45 Nashörner friedlich mit Giraffen, diversen Antilopenarten, Zebras, Gnus und Wildschweinen zusammen. Zum ersten Mal kamen auch wir in den Gnus an einem Wasserloch zu stehen und die Tiere kommen und gehen zu sehen. Da man in diesem Park auch aus dem Auto steigen durfte, durchkreuzten wir ihn hier und da zu Fuss, wodurch wir uns recht nah an die eher schüchternen Dickhäuter heranschleichen konnten. Vorausgesetzt man versteckte sich hinter einem Busch. Drei Tage genossen wir dieses idyllische Plätzchen.
Nun rief der Tierpark, der Tierpärke, der Krüger National Park in Südafrika. Ob er seinem Namen gerecht wird, und wir die Big Five voll machen konnten, dann im nächsten Bericht.
Liebi Grüessli
Markus und Sonja