Aisen, Los Lagos
In der Zwischenzeit waren wir ja schon zwei alte Hasen, was den Grenzübergang nach Chile betrifft. Von den mahnenden Wörtern des Reiseführers, dass die Chilenen angeblich soooo gründlich bei der Suche nach „verbotenen“ Lebensmitteln sind, hatten wir bis zum 21.04. noch nichts mitbekommen. Unser Kühlschrank blieb immer geschlossen. Ausserdem hatten wir von einem anderen Reisenden gehört, dass er Milch und Käse behalten durfte. Also, was soll der ganze Aufstand.
Mit einem „prall“ gefüllten Kühlschrank, Ausnahme frisches Fleisch, Gemüse und Obst, tuckerten wir zur Grenze. Während wir das Formular hinsichtlich der Einfuhr von frischen Lebensmitteln überall mit „No“ ausfüllten, bekamen wir unsere Stempel in den Pass. Wieder draussen am Nisto angekommen, düste auch schon der „Filzer“ mit Hygienehandschuhen um die Ecke. Nun wurden auch wir endlich Zeugen einer gründlichen Durchsuchung. Sofort kroch er hinten in den Nisto zielstrebig auf den Kühlschrank zu. Wie hat er den denn so schnell registrieren können?!? Markus konnte ihn zwar zunächst noch ein Bisschen mit unseren „trockenen“ Vorratskisten aufhalten, aber die Box hatte es ihm angetan. Was würde er zu den zig Jogurts, der Milch, dem Käse, dem eingeschweissten Aufschnitt sagen? Würde er auch die Tomate und die halbe Zwiebel, die wir zu unterst in eine Tupperdose verstaut hatten, finden? Aber wir durften alles behalten und letzteres fand er nicht, denn Dosen blieben zum Glück geschlossen. Das einzige was er uns abnahm, waren zwei kleine getrocknete Peperoni, die zu einem Fertigmenü gehörten, welches wir vor über einem Jahr in Amerika gekauft hatten und bis heute noch nicht gegessen hatten. Ist wahrscheinlich auch nicht mehr geniessbar.
Nun ging die Suche nach der chilenischen Cueva de las Manos los. Hierbei handelt es sich um menschliche Hand-Abdrücke auf einer Höhlenwand, die bereits zig Tausend Jahre vor Christus angebracht wurden. Noch heute ist der Grund dieser Malereien nicht bekannt. Da der Weg dorthin nicht gekennzeichnet ist, wird empfohlen sich einem Guide anzuschliessen. Nur um wieder von Tür zu Tür geschickt zu werden, weil alle Saisonende haben?! Ne, wir machten uns alleine auf den Weg. Schnell hatten wir die Schotterstrasse zum Ausgangspunkt gefunden und 25 km weiter auch den Wegweiser, der einen Trampelpfad den Berg hinauf zeigte. Na also, geht doch. Das kann doch nicht so kompliziert sein. Das wurde es aber. Auf Grund der roten Farbe der Felsen konnte man zwar ahnen wo es lang geht, aber trotzdem blieben zig kleine Wege, zwischen denen man sich entscheiden musste. Hinzu kam die starke Steigung, die wir unterschätzt hatten, denn sonst wären wir nicht mehr losgelaufen, da es bereits früher Nachmittag war. Nach einer Stunde hatten wir das erste Ziel, welches auf dem Wegweiser angegeben war, erreicht: Ein geschätzter 25-30m hoher Fels mitten auf der Wiese. Nach weiteren 2 km sollte man eigentlich am Ziel sein. Wir liefen noch 3 ½ km, aber von der Höhle oder einem Wegweiser keine Spur. Schliesslich kamen wir auf eine Anhöhe, von der man eine sagenhafte Aussicht auf die Umgebung hatte. Schweren Herzens entschieden wir uns für den Rückweg, denn in knapp 1 ½ Stunden würde die Sonne untergehen. Auch wenn wir die Cueva de las Manos nie erreicht haben, war es doch eine wunderschöne Wanderung durch eine atemberaubende Landschaft.
Die Schotterstrasse auf der wir gekommen waren, führte in den Parque Nacional Jeinimeni. Da wir nichts anderes vor hatten, folgten wir ihr, ohne wirklich zu wissen, was uns erwartete. Wir steuerten direkt auf eine Bergkette zu. Vor einigen Tagen muss es dort geschneit haben, denn die Berge waren noch von einer leichten Puderschicht bedeckt. Die Strasse war genau nach unserem Geschmack, aber wir ahnten auch, dass es dort, wo wir hinsteuerten sehr kalt sein musste. Die Pfützen auf dem Weg waren gefroren. Markus musste alle paar Meter anhalten, weil Sonja gefühlt jeden einzelnen roten Baum vor weissen Gipfeln fotographieren musste. Bis wir dann vor einem kleinen Bach standen, auf dessen andere Seite sich der Parkeingang befand. Ohne das fliessende Wässerchen einer näheren Betrachtung zu unterziehen, steuerte Markus in das Nass. Wir stürzten förmlich in die „Fluten“. Eine kleine Welle schwappte über die Motorhaube, und der Beifahrersitz schrie leicht auf. Jetzt nur nicht anhalten, einfach nur raus hier. Aber das sollte nicht die einzige Waschung gewesen sein. Denn bereits nach ein paar Kilometer standen wir erneut vor dem Fluss. Die einzige, leicht ramponiert aussehende Brücke war gesperrt. Das sollte es also dann gewesen sein? Nein, nicht mit uns, so leicht geben wir nicht auf. Wir liefen am Fluss entlang, auf der Suche nach einem Weg zur anderen Seite. Diesmal wollten wir aber nicht einfach so drauf losfahren, also watete Markus durch den eiskalten Fluss und wurde fündig. Ein paar Minuten später kam auch Nisto auf der anderen Seite an. Wir folgten dem Weg um den See und fanden ein wunderschönes Plätzchen auf 850 m.ü.M. Dort verbrachten wir herrlich sonnige Tage und sternenklare, minusgradige Nächte ganz für uns alleine. Leider reichte der rumliegende Schnee noch nicht für den Bau eines Schneemannes, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wäre uns das Brot nicht ausgegangen, wir wären wahrscheinlich jetzt noch dort.
Weiter gings um den Lage General Carrera mit atemberaubenden Ausblicken bis zum kleinen Städtchen Puerto Rio Tranquilo. Hier wollten wir einen Ausflug zu den Capilla de Marmol machen. Ein Küstenabschnitt ganz in der Nähe der kleinen Stadt besteht aus Kalkstein, welcher schon seit Jahrtausenden ausgewaschen wird und Muster sowie Farben zurücklässt, die an Marmor erinnern. Wir befürchteten mal wieder vor verschlossenen Türen zu stehen. Aber diesmal schien es, als ob man uns schon erwartete. Bereits nach einer halben Stunde sassen wir im Boot und nach weiteren 20 Minuten bestaunten wir die in diversen Blautönen schimmernden Formationen, die sich in den Lehm gewaschen hatten.
In der Zwischenzeit befanden wir uns auf der Carretera Austral, bekannt als ultimativer Roadtrip ähnlich wie die Ruta 40 in Argentinien. Landschaftlich unterscheiden sich die beiden jedoch gewaltig. Zumindest die Teile, die wir zu Gesicht bekamen. Die Schotterstrasse ist gesäumt von dichtem Wald, hohen Vulkanen und Gletschern. Leider spielte das Wetter nicht so mit. Während unseres Aufenthaltes im Parque Nacional Queulat hatten wir zwar noch Glück, aber die nächsten Tage fuhren wir durch Dauerregen. Wir hatten das Gefühl kaum noch trocken zu werden und wollten nur noch hier weg.
Unsere Hoffnung war Chaiten. Eine kleine Stadt direkt am Meer, welche beim Ausbruch des Vulkans Chaiten im Mai 2008 unter einer Ascheschicht „vergraben“ wurde. Der Ort wirkte wie eine Geisterstadt. Die Häuser sind teilweise immer noch nicht bewohnbar. Trotzdem kehrten einige Einwohner zurück und halten sich illegal dort auf. Wir sahen ein Plakat auf dem Licht und Wasser gefordert wird. Da der Vulkan aber immer noch nicht ganz zur Ruhe gekommen ist und ab und zu vor sich hin „spuckt“, scheint die Regierung nicht zu wissen, was sie tun soll. Auch wir wollten uns hier eigentlich nicht allzu lange aufhalten, sondern hatten vor die Fähre zur Insel Chiloe zu nehmen. Als wir die Preise hörten und die Wettervorhersage genauer unter die Lupe nahmen, schmissen wir unseren Plan jedoch wieder über den Haufen. Da nehmen wir doch lieber den Umweg über Argentinien, wo es angeblich gerade strahlenden Sonnenschein haben sollte. Gesagt getan.
Unseren letzten Abend in Chile verbrachten wir unter einer Brücke, damit wir endlich mal nicht verregnet wurden. Bevor wir uns in den Nisto verkrochen, hielten wir noch ein Pläuschchen mit Argentiniern, die für zwei Tag über 800 km gefahren waren, nur um hier zu fischen. So kamen wir auch noch in den Genuss von frisch gebratenem pazifischem Lachs.
Ob wir auf der anderen Andenseite Glück mit dem Wetter hatten, dann im nächsten Bericht.
Bis bald.
Markus und Sonja