Nachdem wir unsere erste Grenze in Afrika mit links gemeistert hatten, machten wir uns auf die Suche nach einem Schlafplätzchen. Unser Weg führte uns durch eine staubtrockene Wüste. Aber plötzlich tat sich vor uns ein Fluss auf, an dessen Ufern alles grünte und blühte. Wir hatten unser erstes Schlafplätzchen in Namibia gefunden.
Auch am nächsten Tag begleitete uns der Oranje noch ein Stück, bevor uns unser Weg durch eine wunderschöne Schlucht gen Norden führte. Trotz der schweisstreibenden Temperaturen bis knapp unter 40 Grad statteten wir der Thermalquelle Ai-Ais einen Besuch ab. Nein, die Hitze war uns noch nicht in den Kopf gestiegen. Vielleicht genau deswegen, gönnten wir uns eine „Abkühlung“ in der heissen Quelle. Unsere Zelte schlugen wir allerdings etwas weiter nördlich unter einem Baum auf dem staatlichen Rastlager am Fish River Canyon ein, und legten für den Rest des Tages die Beine hoch.
Am nächsten Morgen wollten wir uns natürlich den, nach dem Grand Canyon in der USA, zweit grössten Canyon der Welt aus der Nähe anschauen. Wieder einmal kamen wir aus dem Staunen nicht heraus. Was Mutter Natur doch alles erschaffen hat. Er muss seinem grossen Bruder in nichts nachstehen. Auf Grund des fehlenden Massentourismus gefiel er uns sogar noch einen Tacken besser. Oder war es für Markus das Wissen, dass es strengstens verboten war eine Wanderung im Sommer in die Schlucht zu machen, und somit Sonja nicht auf diese verrückte Idee kommen konnte?!
Nachdem wir alle Aussichtspunkte abgeklappert hatten, schauten wir uns einen der in unseren Augen, neben dem Boabtree, bizarrsten Bäume Afrikas an, den Köcherbaum. Es gibt nicht mehr viele von ihnen, also wurden Gegenden unter Naturschutz gestellt. Auf einer kleinen 4x4 Strecke ging es durch einen Köcherbaumwald. Ihren Namen verdankt er den San, die ihre Pfeilköcher aus seinen Ästen fertigten. Diese Bäume zu beschreiben ist fast unmöglich. Ausserdem machten wir einen Abstecher auf den Spielplatz von „ausgestorbenen Riesen“. So könnte man wirklich meinen, wenn man durch den Irrgarten von Felsbrocken spaziert. Teilweise taten sich vor uns richtige Kunstwerke auf.
Als nächstes stand Lüderitz auf dem Plan, allerdings wurden wir masslos enttäuscht. Ob es daran lag, dass Wochenende war, wir wissen es nicht. Auf jeden Fall konnten wir diesem Städtchen so gar keinen Charme abgewinnen und auch den allgemeinen Tenor: Dies ist die deutscheste Stadt Afrikas konnten wir nicht bestätigen. Fast wären wir schon wieder umgedreht, dann hätten wir allerdings einen unserer Höhepunkte dieser Gegenden verpasst.
Als wir am nächsten Morgen erwachten, lag die Stadt unter einer grau feuchten Nebeldecke versteckt. Spontan entschieden wir, das Frühstück an einen anderen Platz zu verlegen. Auf dem Weg hierher, hatten wir ein Wasserloch für wilde Pferde ausfindig gemacht, dort würden wir uns niederlassen. Schlussendlich verbrachten wir zwei Stunden mit dem Z`Morge, denn auch die wunderschönen Oryx-Antilopen schauten vorbei und wechselten sich mit den wilden Pferden ab. Dies war mit einer unserer schönsten Tierbegegnungen, daher viel es uns schon ein Bisschen schwer diesen Ort zu verlassen. Aber es wartete ja noch so viel auf uns.
Unser Weg führte uns zwischen den Tirasbergen und der Namibdünen entlang. Hier wollten wir uns eigentlich auf einer Farm niederlassen und etwas über die Viehhaltung in dieser staubtrockenen Gegend lernen. Leider prangte ein Closed-Schild an der Zufahrt zum Gästehaus, so dass wir unverrichteter Dinge weiterziehen mussten. Dies war leider nicht das einzige Mal, dass wir vor verschlossenen Türen standen. Anscheinend schienen viele Gästefarmbesitzer vor dem grossen Sommerferienansturm noch einmal Urlaub machen zu wollen. Damit fielen auch unsere zwei geplanten Nächte im Namib Rand National Park ins Wasser.
So erreichten wir früher als geplant Sesriem, das Eingangstor zu einer Lehmpfanne (Sossus Vlei), die von den angeblich steilsten und höchsten Sterndünen der Welt, welche dem Tsauchab River den Weg zum Atlantik versperrt, umringt ist. Nachdem wir unseren Campingplatz im National Park bezogen hatten, machten wir uns auch gleich zum Sonnenuntergang auf den Weg in die Dünenlandschaft und wurden mit rot leuchtenden Sandhaufen belohnt. Auch am nächsten Morgen hiess es wieder ab in den grossen Sandkasten, diesmal jedoch zum Sonnenaufgang. So machten wir uns mit leeren Mägen, Kaffee bzw. Tee lag natürlich auch nicht mehr drin, noch im Dunkeln auf den Weg. Und da man von der „Spitze“ einer Düne die beste Aussicht hat, stampften wir natürlich eine hinauf. Nicht ganz einfach, aber der Rundumblick entschädigte unsere Strapazen.
Während wir den Aufstieg über den Dünengrad gemeistert hatten, stürzten wir uns beim Abstieg auf direktem Weg in die Tiefe und landeten in der Toten Vlei. Diese Stelle wurde schon seit langer Zeit nicht mehr vom Flutwasser erreicht, und so sorgen skurrile Kameldornbäume, die ihre verdorrten Äste bereits seit Jahrhunderten gen Himmel strecken, für eine gespenstische Atmosphäre.
In der Zwischenzeit versuchten sich unsere Mägen immer deutlicher Gehör zu verschaffen. Und da die Sonne uns bereits die Schweissperlen ins Gesicht trieb, gaben wir nach. Wir fanden einen wunderschönen Picknickplatz und liessen uns für diesen Tag dort nieder. Sogar zwei Oryx-Antilopen kamen zu Besuch, ganz zu schweigen von den Springböcken. Erst nach dem Abendessen und Markus Rettungsaktion einer Holländischen Familie, welchen sich bis zu den Achsen ihres Mietwagens im Sand eingegraben hatten, brachen wir unsere Zelte ab und machten uns in der Zwischenzeit mutterseelenallein auf den Rückweg. Die Dünen leuchteten wieder in den diversesten Rot- und Orangtönen. Ein Naturschauspiel, welches wir bestimmt so schnell nicht vergessen werden.
Unser nächstes Ziel waren die Städte Walvis Bay und Swakopmund. Nach unserem Erlebnis in Lüderitz waren wir schon ein Bisschen skeptisch, aber unsere Befürchtungen trafen nicht ein. Ok, der erste Ort haute uns zwar auch nicht gerade vom Hocker, so dass wir hier nur schnell unsere Bootstour zu einer Pelzrobbenkolonie für den übernächsten Tag buchten und gleich weiter fuhren. In Swako, wie die Einheimischen ihre Stadt liebevoll nennen, liess es sich jedoch aushalten. Nicht selten wurden wir in den Läden in Deutsch angesprochen, was uns, so weit von zu Hause, doch etwas skurril vorkam.
Dann ging es auf grosse Bootstour, auf der unsere Schutzengel für einen kurzen Moment an die Arbeit mussten. Auch diesmal hiess es wieder im Dunkeln raus aus den Federn, denn die Mägen wollten definitiv vorher gefüllt werden. Pünktlich um 8:15Uhr standen wir in Walvis Bay am Hafen und keine viertel Stunde später tuckerten wir auf einem kleinen Motorboot in Begleitung von einigen wunderschönen Pelikanen an der Küste entlang. Die Sonne hatte es zwar noch nicht geschafft, den Frühnebel zu vertreiben, aber das liess unsere Stimmung nicht sinken. Ausserdem sorgten immer wieder Pelzrobben, die auf unser Boot kletterten für Abwechslung. Auch kamen Delfine vorbei und schwammen in den Buckwellen. Unsere Skipperin, die als kleines Kind bereits ihren Vater auf seinen Touren begleitet hatte, berichtete über die Gegend und die Tiere, als uns allen für einen kurzen Moment der Atem stockte. Ein anderes Boot steuerte mit Vollgas direkt auf uns zu. Während wir zunächst noch dachten, der Kapitän mache sich einen Spass und will uns nass spritzen, sprachen jedoch die Hinterköpfe, die man uns zugedreht hatte eine andere Sprache. Aber wir hatten Glück, das Boot verfehlte uns um Millimeter, und so konnte die Fahrt für einige etwas nass und mit leicht weichen Knien, weitergehen. Nachdem wir die Pelzrobbenkolonie rauf und runter getuckert waren, gab es noch ein feines Picknick an Bord, wo natürlich frische Austern nicht fehlen durften. Mit Zitronensaft, Pfeffer und Tabasco gewürzt schlürften wir die „Glibbermasse“ aus der Schale. Sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu unserer Lieblingsspeisse, aber so schlimm, wie sie aussehen, sind sie nicht.
Die nächsten drei Tage verschwanden wir im Namib-Naukluft Park weit ab von den üblichen Touristengegenden und genossen eine wunderschöne Zeit in atemberaubender Natur. Nach jeder Kurve veränderte sich die Landschaft. Wir kamen vorbei an glattgeschliffenen Felsen, Geröllebenen und sandigen Flusstälern. Auch statteten wir wahrscheinlich einer der ungewöhnlichsten Pflanzen einen Besuch ab. Die Welwitschia kann 1.000 – 2.000 Jahre oder vielleicht sogar noch älter werden und produziert in dieser Zeit nur 3 Blattpaare, welche bis zu 8 m lang werden können. Sie hat etwas von überdimensionalem Unkraut. Es ist kaum zu glauben, wie sie in dieser Trockenheit so lange existieren kann. Kommt daher vielleicht der Spruch „Unkraut vergeht nicht“?
Unser letztes Ziel für diese zwei Wochen war das Matterhorn Namibias. Auf Grund ihrer charakteristischen Form hat die offiziell Spitzkoppe genannte Felsformation, diesen Namen erhalten. Gleich zwei Tage entspannten wir zwischen den Granitblöcken. Hier und da wagten wir uns auch einmal ein Bisschen auf Wanderschaft, aber die Hitze trieb uns schnell wieder in den Schatten. Dafür kamen wir einem Rotschnabeltoko und sogar einigen kleinen Papageien auf die Schliche.
Welchen Tieren wir in den nächsten beiden Wochen begegnet sind, ein anderes Mal. Nur so viel: Sie waren gigantisch.
Liebe Grüsse von kurz vor Windhoek
Markus und Sonja